Da war ich doch heute mal wieder an der Parkhausschranke der Verdammten. Und habe dem vermutlich größten Rechenzentrum in Oberfranken dabei zugesehen, wie es sage und schreibe viereinhalb Stunden an meiner Abfrage gekaut hat. Was tun ? Auf dem Mäuseklavier die Presse lesen und laut lachen. Bis ich beim Lesen richtig stinkig wurde.
Stell Dir vor, Du hast sagen wir … 10.000 Euro. Für Viele ist das bereits theoretisch, aber einfach mal angenommen. Jetzt überlegst Du Dir, was Du damit tun sollst. Ausgeben willst Du sie nicht. Dass sie schleichend weniger werden durch die Teuerungsrate gefällt Dir auch nicht, also legst Du sie auch nicht unters Kopfkissen. Bei der Hausbank bietet man Dir ein Prozent Zinsen, was bei einer Teuerungsrate zwischen zwei und drei Prozent auch nicht richtig hilft.
Was bleibt ist der Finanzmarkt. Heuschreckenland ? Ja ! Böse ? Nein ! Denn man muss auch dort sehr stark unterscheiden. Auf der einen Seite will man eine Rendite. Wenn es die aber nicht risikolos gibt, dann sollte das Risiko wenigstens überschaubar – oder vielleicht besser ausgedrückt – halbwegs kalkulierbar sein. Dazu gehört nicht viel.
Und dann geht man her und erwirbt Genussscheine ? Ernsthaft ?
Wenn wir einen neuen Kühlschrank kaufen, dann werden Test-Hefte gewälzt oder Bekannte gefragt. Wenn wir ein Auto kaufen wird Probe gefahren. Wenn wir technisches Equipment kaufen wird jemand gefragt, der den Anschein erweckt davon mehr Ahnung als man selber zu haben. Wenn das Ding mehr Knöppe hat als man bedienen kann, wird es nicht gekauft. Aber bei Finanzprodukten wird oft nicht mal gegoogelt was das sein könnte was man da kauft. Genussscheine können jedoch fast alles sein – wie sie ausgestaltet sind, liegt im Wesentlichen bei der ausgebenden Firma.
Egal wie das Ding heißt, was ich überhaupt nicht verstehe ist : Wenn der Markt da draussen mir ein Prozent bietet und dann jemand kommt und mir sechs oder acht Prozent bietet, sollte da nicht irgendwo eine kleine Glocke klingeln auf der „Risiko“ eingraviert ist ? Wenn mir jemand sechs oder acht Prozent bietet heißt das er zahlt mir weit mehr, als er für einen Bankkredit zahlen würde … so blöde ist doch niemand. Das macht derjenige nur dann, wenn er sich bei den Banken nicht finanzieren kann. Nicht umsonst ist das ein ungeregelter Markt auf dem sich all diejenigen refinanzieren, die auf konventionellem Weg kein fremdes Kapital (mehr) bekommen.
Und was kann mir im schlimmsten Fall auf der Risikoseite blühen ? Nicht weniger als der Totalverlust. Und zwar von heute auf morgen. Vergleicht man das mit Wertpapieren ist das ein himmelweiter Unterschied. Auch z.B. Aktien können natürlich auf null fallen. Das tun sie aber in 99 von 100 Fällen nicht von heute auf morgen, sondern es ist die Gelegenheit da, mit -10, -20, oder wenn es bös läuft -50 Prozent – aber in jedem Fall noch mit einem tiefblauen Auge raus zu kommen. Und zwar an rund 250 von 365 Tagen im Jahr, nichts und niemand und kein Vertrag können mich daran hindern sie zu verkaufen, wenn mir danach ist. Selbst nach 9/11 waren die Börsen nur vier Tage geschlossen.
Was aber hilft mir ein Versprechen auf sechs oder acht Prozent wenn ich auf all das verzichte ? Simpel gerechnet die ersten zwölf bis fünfzehn Jahre lang gar nichts wenn ich jeden Moment tief im Hintergrund damit rechnen muss, dass sich meine 100 Prozent Investition in Nichts auflösen können. Nichts im Sinne von Garnichts, denn Genussscheine sind nachrangige Papiere – bei einer Insolvenz werden erst wenn alle anderen Schuldner bedient wurden üblicherweise die Genusscheininhaber an die Reihe kommen – und dann ist oft nicht mehr viel zu verteilen. Wenn ich aber zehn, zwölf Jahre oder länger vertrauen und warten muss, bis ich Stück für Stück soviel Rendite gemacht habe, dass mir der Totalverlust des Kapitals nicht mehr weh tut … klingt das für irgendjemanden der nur drei Minuten drüber nachdenkt nach einem guten Geschäft ?
Nur, nicht mal das ist ja oft der Fall. Genussscheine sind oft mit einer Laufzeit von etlichen Jahren verbunden, und während der Laufzeit werden keine Zinsen ausbezahlt sondern nur gutgeschrieben. Und erst am Ende der Laufzeit fliessen Investition samt Zinsen zurück. Man geht also über die gesamte Laufzeit ins volle Risiko eines Totalverlusts – er wird nicht Stück für Stück durch regelmässige Zinserträge abgemildert. Und will man vorher aussteigen, liegen dort oft Hürden im Weg – halbwegs vergleichbar als wenn man vorzeitig aus einem Kredit aussteigen möchte. Börsenhandelbar sind sie so gut wie nie.
Was ist auf der anderen Seite mein maximaler Gewinn ? Laufzeit in Jahren mal Zinsen, Ende der Veranstaltung. Ich begrenze also den möglichen Gewinn, und gehe parallel das Totalverlustrisiko ein. Klingt das clever ?
Wenn ich schon ein Totalverlustrisiko eingehe, dann doch nur dann, wenn der Gewinn open-end sein kann. Das nächste google, das nächste Apple, whatever. Sogar die nächste EM-TV, ob man dort mit 1.000% Gewinn ausgestiegen ist oder nur mit 10% Gewinn ist zwar natürlich ein gewaltiger Unterschied, aber man hat auch dort für sein Risiko einen ganzen Haufen Gewinn bekommen können. Und dabei jeden Tag die freie Entscheidung gehabt auszusteigen, wenn man nicht wie das Karnickel bei der Schlange zugesehen hat, wie sie sich in Luft auflösten – was Monate dauerte.
Ist das alles höhere Mathematik ? Nein, ist es nicht !
Und nun kommt Sahra Wagenknecht, die Verfechterin des fürsorglichen Staats, der nach ihrer Meinung die Investoren schützen soll vor … ja wovor eigentlich ? Vor ihrer himmelschreienden Blödheit ? Vor ihrer Unfähigkeit ? Vor der Tatsache, dass es ohne Risiko keinen überdurchschnittlichen Ertrag geben _kann_ ? Vor der Tatsache, dass das jedem klar sein müsste der schlauer als ein Baum ist – es viele aber scheinbar nicht sind ? Davor, dass ökologische Gedanken das finanztechnische Hirn nicht vollständig ausschalten sollten ? Wenn Du Dich für die Trottel der Nation einsetzen willst dann klatschen genau die Trottel, liebe Sahra – und sonst niemand.
Von den 1,4 Mrd. die bei Prokon aktuell im Feuer stehen mag die Hälfte von Menschen sein, die aus der Ökodenke kommen und dachten, glaubten, hofften, sie täten etwas Gutes und hätten selber auch was davon. Habe ich Verständnis dafür, ist ehrenwert – auch wenn noch immer gilt: There ain’t no such thing as a free lunch. Und es genau solche Deppen sind wie die andere Hälfte, die ihr Geld dort nur der Renditeversprechen wegen investiert hat und der es egal war, ob die dort Windräder oder Panzer bauen.
Keine dieser Gruppen verdient mehr Schutz als die andere, denn beide Gruppen sind nicht im Geringsten schutzwürdig. Sondern sie verdienen es zu lernen. Und wenn sie zu dusselig waren sich vorher schlau zu machen, dann lernen sie es eben jetzt, unter Schmerzen. Und ich gönne es ihnen zutiefst.
Und das ist bei Weitem keine reine Bosheit oder Schadenfreude. Aber ich werde auch nicht Hochseilartist, wenn ich nur ein Bein habe und blind bin. Und wer unwillig ist sich vorher zu überlegen was er da tut, was der worst case ist, und ob der worst case zum möglichen Gewinn passt, der hat es sich redlich verdient sich die Flossen zu verbrennen. Und wenn es nur dafür gut ist, nicht noch einmal genau so dämlich zu sein. Dummheit darf nicht beschützt werden. Ich bin wirklich zufrieden – und zugleich überrascht das ausgerechnet beim Spiegel zu finden – wenn ein Stefan Kaiser das in freundlicheren Worten ausspricht was ich denke: Dummheit gehört bestraft. Und zwar immer.