a life less ordinary ?

the egghead diaries


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Klassenunterschiede

Der capt’n ist ein Bildungsbürger. Er hat also ausserhalb seines Jobs von nix wirklich Ahnung, hat aber von allem schon mal was gelesen.

Anton, der Postbote, hasst Bildungsbürger. Er steht mehr auf Titten. Alle Zeitungen, auf denen keine Titten drauf sind, werden daher gefaltet oder geknickt, bevor sie in den Briefkasten gerammt werden. Zeitungen mit Titten drauf werden besabbert.

Gut, prinzipiell ist das nachvollziehbar, und der capt’n hat das geraume Zeit stillschweigend toleriert. Aber störend ist es schon.

Notiz  an die GEO-Epoche-Redaktion:

Keine Helme auf die Titelblätter, keine Bauwerke, keine Kunst – Doppel-D rulez. Ich hab es lieber besabbert als geknickt.

Notiz an die Deutsche Post:

Es hilft, dass Antje von der Beschwerdestelle 018023333 eine sexy Stimme hat, und immer eine erneute Zusendung veranlasst. Kaufmännisch pfiffiger wäre es aber, Anton zusammen zu falten.

Notiz an die städtische Müllabfuhr:

Der 1-Kubikmeter-Altpapiercontainer auf Rollen sollte nicht hinter dem Haus stehen, sondern neben dem Briefkasten. Ausserdem ist er zu klein – Ziehharmonika-Zeitschriften nehmen echt viel Platz weg.


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Positive Rückkopplung

„Na, Herr castagir, wie hat Ihnen Ihr Leihwagen gefallen ?“ fragt die fröhliche Empfangsdame in der Lobby des Raumschiffhändlers, während sie seine Kaffeetasse wegräumt. „Ich weiß ja, Sie hatten sich beklagt, dass eine Klasse niedriger kein … wie sagten Sie … ?“

„Hausfrauenkombi“

Die restlichen Anwesenden werden hellhörig. Das Geklappere von Kaffeelöffeln und Rascheln von Zeitungen ebbt ab.

“ … richtig, kein Hausfrauenkombi sein könne, aber wie fanden Sie denn den 118d ?“

„Einen Moment bitte ? Ich muss überlegen.“

Der capt’n überlegt, setzt zu einer Antwort an, stoppt, und überlegt weiter. Die Empfangsdame sieht ihn fragend an. Die restlichen Anwesenden warten gespannt, ein graumelierter Herr legt seine Zeitung beiseite.

„Wissen Sie, ich habe vor kurzem ein Kommunikations-Seminar besucht. Dort sagte man mir, meine Direktheit könnte manchmal als Feindseligkeit rüber kommen, und mein Anspruch als Überheblichkeit. Ausserdem müsste ich meine Aussagen positiver formulieren. Nicht weil man sie missverstünde, sondern um deren Unmissverständlichkeit abzumildern, die gerne als Schärfe verstanden wird. Verstehen Sie mein Dilemma ?“

„Ähhm, jaha ?“

In der Lobby herrscht mittlerweile Totenstille.

„Lassen Sie es mich also so ausdrücken: Angenommen, ich wäre ein Landwirt, ja ? Und ich würde den ganzen Tag mit meinem Lanz-Traktor über die Äcker pflügen. Dann würde ich mir akustisch in diesem Auto gut aufgehoben vorkommen. Das ist positiv formuliert, oder ?“

„Jaha.“

Der ältere Herr nickt zustimmend aus seinem Sessel.

„Gut, weiter.“

Der capt’n dreht sich einmal um seine Achse.

Nun schauen Sie mich an. Ich bin nicht Schwarzenegger, ich glaube da sind wir uns alle einig. Aber ich bin auch kein aufrecht stehender Laternenpfahl, sondern mehr so ein Mitteleuropäer, Standardausgabe, der in zehn Jahren beginnen wird, aus dem Leim zu gehen. Ich habe drei Tage bei jedem Keks ein schlechtes Gewissen gehabt weil ich befürchten musste, entweder im Stehen heimzufahren oder im Auto übernachten zu müssen. Nein, ich muss das anders ausdrücken. Ich hatte in diesen Sportsitzen den denkbar besten Seitenhalt. Viel viel mehr Seitenhalt als ich erwartet habe.“

„Die Sitze waren also zu eng ?“

„Ja, aber Sie wissen ja, das soll ich nicht sagen, wir üben hier ja.“

Leises Gekicher kommt von den Rängen.

„Richtig.“

„Gut. Dann zum Getriebe. Dieses Auto ist für so viele Gänge eindeutig nicht schnell gen… halt, falsch … dieses Auto hat für seine Endgeschwindigkeit erstaunlich viele Gänge, von denen die Hälfte überflüss… halt … vermutlich optional ist.“

„Das haben Sie sehr nett ausgedrückt.“

Die restlichen Anwesenden grinsen durch die Bank.

„Ich weiß, und ich bin auch ganz stolz auf mich. Aber wissen Sie was ? Das ist echt anstrengend. Eigentlich wollte ich Ihnen das hier sagen: Dieses Auto hört sich an wie ein Traktor, die Sportsitze sind für kleinwügsige Chinesen gemacht und das Gerühre in einem Sechs-Gang-Getriebe ist mir so auf den Keks gegangen, dass ich nur drei davon benutzt habe, ok ?“

„In Ordnung, das ist deutlich.“

„Hach, jetzt geht’s mir besser.“

„Sonst noch was ?“

„Wenn Sie schon fragen, ja. Das Navi mit der Knubbelbedienung in der Mittelkonsole ist … hmm … hmm … ach was soll’s … es ist scheisse. Und ich brauche mindestens noch drei Kommunikationsseminare, bis ich das eleganter ausdrücken kann. Hier ist der Schlüssel, darf ich jetzt bitte wieder ein richtiges Auto fahren ?“


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And *poof* goes the dream

Der capt’n liegt in einer Hängematte unter Palmen und schaukelt sanft im Wind. Er versucht dem Takt der nackten, wippenden … Kellnerin zu folgen, die ihm gerade frischen Kaffee bringt und sein Frühstück darstellt. Er überlegt, ob er vor ihr vielleicht doch eine Kleingkeit essen sollte. Sie säuselt ihm leise Schweinereien ins Ohr.

„TEST, TEST, EINS, ZWEI, DREI“

Auch wenn er verwundert ist, baut der capt’n es gekonnt ein, andere Länder, andere Sitten, sagt er sich.

„GLEICH SOLLTEN DIE FÜHRENDEN UM DIE ECKE BIEGEN“

Während der capt’n weiterhin versucht, sich zu konzentrieren, meldet sich sein Kleinhirn und teilt ihm mit, das mache bei aller Fantasie absolut keinen Sinn. Gleichzeitig wird die Kellnerin zunehmend unscharf.

„DAA KOMMEN SIE! HELGA HUGENDUBEL, NUMMER 71, LIEGT IN FÜHRUNG, EINEN GROSSEN APPLAUS FÜR DIE STADTMEISTERIN DER LETZTEN DREI JAHRE !!“

Der capt’n seufzt tief. Hängematte, Palmen, und auch die wippende Kellnerin sind auf mysteriöse Weise verschwunden. Er kniet sich auf sein Bett und schaut nach draussen. Der Arsch mit der Flüstertüte kündigt gerade die Verfolgergruppe an.

Jedes Jahr die gleiche Enttäuschung:
Erst schaut es so aus, als ob beim Stadtmarathon 5.000 Deppen die Stadt verlassen. Aber drei bis vier Stunden später kommen sie einer nach dem anderen wieder zurück.


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German Angst

Wenn der deutsche Michel mal wieder gegen etwas ist, seien es Mobilfunkmasten, Stromerzeugungsanlagen jedweder Art, allem was das Wort ‚Nano‚, oder ‚Gen‚ in sich trägt, nennt man das vornehm und politisch korrekt ‚subjektiv überhöhte Riskioeinschätzung‚.

Auf deutsch heisst es: ‚Angsthase‚. Prägnanter heisst es: ‚Hosenscheisser‚, ‚Berufsbetroffener‚ oder ‚Ahnungsloser‚.

Denn der Deutsche ist ein aufrecht stehendes Fluchttier.

‚kenn ich nicht, fress ich nicht‘
‚versteh ich nicht, muss gefährlich sein‘

gepaart mit

‚hab ich nix von‘
‚da machen die bösen Unternehmen doch nur Gewinne damit‘

Eva Müller, heute Redakteurin beim Manager Magazin, früher bei Reuters, capital und Focus, und gelernte Volkswirtin sollte es besser wissen. Trotzdem veröffentlicht sie heute diesen Artikel.

Gut, es sind nicht alles gelangweilte Hausfrauen, die gegen irgendwas sind, und selbst ihnen darf man ihre Berechtigung zur Meinungsäusserung um keinen Preis absprechen.

Aber sie einbeziehen ? Von Anfang an ? Frau Müller ! Haben Sie schon jemals mit einem Haufen Dilettanten versucht zu diskutieren ? Die eine Hälfte hat eine festgefügte Meinung. Fakten gegenüber ist sie genauso resistent wie gegenüber jedem Zugeständnis, das ihre Maximalforderung unterschreitet. Im Gegenteil, in der Regel werden sie dann zu grossen, bockigen Kindern. Und die andere Hälfte ist einfach nur dagegen, weil es chic ist, dagegen zu sein.

Und ein Vorstand der hierzulande eine Invesition tätigen will, soll mit so jemandem länger als unbedingt nötig sprechen ? Ihn einbeziehen ? Frau Müller, sind Sie noch ganz dicht ? Die Blinden sollen die Einäugigen führen ? Ernsthaft ?

Das haben wir doch in der Politik schon, wollen wir das in der Wirtschaft wirklich auch haben ?

Wenn Sie fordern, die Unternehmen sollten vom berechtigt Besorgten bis zum Berufsbetroffenen jeden mit ins Boot holen, wenn sie irgendwas entscheiden wollen, dann fehlen Ihnen aber noch mehrere Artikelseiten in denen Sie beschreiben, wo der Tellerrand von Rüdiger und Hannelore sein sollte, um überhaupt mitreden zu können.

Und da hapert es gewaltig. Gegen Mobilfunkmasken sein, abends einen Hut aus Alufolie tragen, aber mitreden wollen wo der Mast hin kommt. Sie müssen wirklich vollkommen verrückt sein oder zu faul, einen kompletten Artikel zu schreiben. Es ist beängstigend, das selbst an sich vernünftige Redakteure wie Sie ihre Fahne in diesen Wind hängen.


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Non-Event mit Voransage

Vier Wochen haben sie also gebraucht, um einen halbgaren Kompromiss aus dem Hut zu zaubern. Wir machen mehr Schulden, aber versprechen ganz ganz ernsthaft, zu sparen.

So weit, so absehbar, wenig überraschend. Und dazu kann man stehen wie man will.

Wenn eine Volkswirtschaft sehenden Auges den Medienhype einer Staatspleite schürt um sie ‚grade noch rechtzeitig‘ für abgewendet zu erklären, fallen mir etliche Adjektive ein. Widerlich, ekelhaft, verlogen, charakterlos zum Beispiel. (Um Missverständnissen vorzubeugen: Unsere wären keinen Deut besser).

Aber viel interessanter ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe. Jedem der bis drei zählen konnte war sonnenklar, es wird ausserbörslich passieren. Feiertage waren keine, also musste es ein Wochenende sein. Wie praktisch, dass kurz vor der deadline, dem 02.August, ein Wochenende war. So etwas birgt immer den Vorteil, dass die Finanzmärkte nicht direkt und unmittelbar reagieren können, die ganzen Irren also nicht hektisch clickend vor den Terminals sitzen sondern auf der A9 im Stau stehen.

So mildert man die Auswirkungen einer selbstverschuldeten Verzögerung, die man ohne diese selbstverschuldete Verzögerung gar nicht hätte befürchten müssen, als das Thema noch klein war und niemanden gejuckt hat. Idiotisch bleibt auch nach längerem Nachdenken das einzige Adjektiv, das es halbwegs beschreibt.

Aber in seiner Idiotie wirksam. Denn der DAX eröffnete heute morgen mit einem gap von rund 1,5%. Und hat es bis mittags schon fast wieder geschlossen.

1,x Prozent sind aber kaum mehr als das normale Rauschen des Marktes. Und somit hat sich all der hype als das non-Event herausgestellt, das man von Anfang an erwarten  konnte.

Zum Vergleich: Als am 11.03.1999 Lafontaine (das war ein unbedeutender Miesepeter in einem Zoo von lauter Spassraketen in der Berliner Provinz) zurücktrat (ein Donnerstag), war das am Freitag dem 12.03.1999 für 5,4% gut.

Die Moral von der Geschicht: Es gab eine Zeit da wusste ich sowas nicht. Das war schön. Heute, ahnend und beinahe wissend, dass es sich so verhält, bin ich am Freitag nicht DAX-Futures long gegangen, um heute morgen über Los zu gehen, sie sofort abzugeben und auf einen Schlag 120*25 Euros pro Kontrakt einzuziehen … i hate mondays.

Edit 17:55:

Aktuell sehen wir eine weitere Aufführung aus dem Romanzyklus ‚Buy the Rumour, Sell the Fact‘. Jemand hat den Amis noch rechtzeitig vor Börsenschluss in Europa erklärt, was das Theater vom Wochenende bedeutet, sie sind not amused, fallen ein wenig, woraufhin Europa seit 15:30 vorbeugend waschkörbeweise Aktien auf die Theke stellt. Es gibt Tage, da ist das schöner als Kino.

In einer idealen Welt drehen die Amis bis 22:00 von -1% noch ins Plus und haben Europa mal wieder elegant ausgespielt. Next game begins at 09:00 MESZ. Insert coin to continue.

Heute fühlt es sich schade an, dass 2011 als sabbatical vom Irrenhaus geplant ist, an Tagen wie heute juckt es mich enorm in den Fingern.

Edit 21:40:

Bingo. Und morgen spielen wir eine neue Runde ‚Hey, wir wurden wieder verarscht, her mit dem Zeug‘ im DAX. Das mit den Wiederholungen ist fast wie im Fernsehen.