a life less ordinary ?

the egghead diaries


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Rant for Rent

Freunde, Nachbarn, Landsleute, ich habe einen Hals. Die Diskussionskultur in den blogs ist hierzulande im Arsch. Nicht, dass sie damals ™ wirklich jemals großartig gewesen wäre. Aber Einiges fällt mir in letzter Zeit doch vermehrt auf, und nichts davon ist schmeichelhaft.

Wir reden hier nicht von smalltalk, dem normalen hin und her, Zoten oder dem lustigen sich gegenseitig auf die Schippe nehmen, das man zurecht einfach alles so rausläßt wie es kommt. Nein, es geht um die dazwischen gestreuten Themen, die ein bisschen tiefer gehen. Viele verzichten darauf vollständig – und inzwischen weiß ich auch warum.

Früher konntest Du eine andere Meinung haben. Also ungestraft meine ich. Und wer sie nicht teilte hat sie erst einmal gelesen, ggf. seinen Blutdruck reguliert, und Dir dann versucht zu begründen dass er richtig liegt, und Du falsch. Oder einfach nur dass er das anders sieht als Du. Keine Messer, keine Fahradketten, keine Baseballschläger. Also irgendwie … na wie Erwachsene das halt so machen. Aber irgendwann muss das aus dem Konsens des guten Benehmens herausgerutscht sein – sicher als ich mal wieder auf Dienstreise war.

Und heute ? Tja. Heute ist das anders. Heute musst Du Dich nicht nur beinahe bedanken eine andere Sichtweise in einem Kommentar bei den „Mein blog – ich habe Recht“ – Taliban veröffentlichen zu dürfen. Hast Du diese hohe Hürde nämlich genommen geht dann geht jemand her und nimmt einen beliebigen Satz, interpretiert ihn solange bis er ihm nicht gefällt, und antwortet Dir dann reflexhaft, ihm wäre etwas unterstellt worden, während er selber fleissig unterstellt. Oder man hätte keine Ahnung. Oder beides. Ihr kennt das. So ein Zweizeiler funktioniert immer, um sich nicht mit der unbequemen Meinung auseinander setzen zu müssen die am Ende das eigene Vorurteilsgebäude ins Wackeln bringt. Oder einem die Argumente ausgehen. Auf die Idee zu kommen etwas in den falschen Hals bekommen zu haben … vergiß es. Ist es arrogant, so jemanden als ausgeschieden anzusehen ? Bestimmt ist es das. Ich mache es trotzdem.

Aber Freunde, Ihr müsst Euch nicht wundern, wenn irgendwann nur noch Beifallklatscher bei Euch kommentieren. Weil Ihr dann einfach keine Spielpartner auf Augenhöhe mehr seid mit denen es sich lohnen würde, eine Diskussion zu führen – da kann ich auch mit einer Parkuhr reden. Und da muss ich einfach mal feststellen, es werden momentan dramatisch weniger Spielpartner und viel mehr Parkuhren – das fremdsprachige Ausland hat uns da aber sowas von abgehängt, das glaubt Ihr gar nicht.

Früher konnte man jenseits des Stammtischs wichtige Dinge eine Zeit lang ohne Emotionen diskutieren, also Meinungen austauschen ohne den anderen angreifen zu müssen oder sich reflexhaft angegriffen zu fühlen. Und – ganz wichtig – Spass und Ernst zielsicher voneinander unterscheiden, auch im geschriebenen Wort. Ja, sicher, das erfordert gewisse Voraussetzungen aber sollte die Hürde nicht jeder nehmen können ?

Und heute ? Heute begegnen einem auf einen der das noch kann neun, die das verlernt haben. Das war aber nicht immer so, ich weiß das, ich mache das seit knapp zehn Jahren live mit. Stattdessen werden instinktiv die Krallen hochgestellt sobald einer kommt der es wagt, das zustimmende Geseiere zu stören, indem er einfach mal sagt, dass er das anders sieht. Aber wehe Du verzichtest dabei auf ausreichend Humor und man merkt, Du meinst es wirklich ernst. Dann kannst Du Dir sofort nach dem Absenden die Karten legen.

Freunde, das war ja eine Zeit lang ganz lustig. Und es war eine Zeit lang ganz lustig genau das als Indikator zu verwenden, ob Dein Gegenüber in der gleichen Liga spielt. Und ja, ich sage es, es IST eine Liga. Und einige spielen nicht darin. Findet Euch damit ab. Denn inzwischen ist es bedrückend zu sehen dass man wie ein Trüffelschwein durch den Wald ziehen muss, um noch ein paar Perlen und Perlinnen in dem ganzen dumpfen Sumpf zu finden.

Und weil wir gerade bei Emotionen sind: Die sind klasse. Haben aber bei gewissen ernsteren Themen nichts verloren, bei denen eine Streitkultur nach wie vor die bessere Wahl ist, statt hysterisches Gekeife das umso lauter wird, je länger man darin nicht einstimmt. Da muss ich mir einfach eingestehen, dass ich aufgeregte Menschen nicht mehr akzeptiere.

Woran das alles liegt ? Ich weiss es nicht. Aber ich habe natürlich eine polemische Meinung dazu. Ich könnte auch sagen „Von mir aus, Du hast Recht und ich meine Ruhe“, nur ich glaube es nicht genug um das zu tun.

Vielleicht sind mehr als zwei Gedanken am Stück abschreckend. Das ist natürlich blöd aber ganz ehrlich, „Ich Gut, Du Böse“ ist für mich einfach inzwischen zu wenig, um eine Diskussion zu führen. Ein bisschen mehr Anstrengung möcht‘ schon sein. Leider habe ich das noch nicht verinnerlicht und lasse mich noch in Versuchung führen auch wenn ich viel zu oft genau vorhersagen kann, was wohl wieder rauskommen wird.

Vielleicht ist es, weil Menschen sich unterschiedlich entwickeln und man zeitweise den Eindruck gewinnt, der andere will einfach nicht mitkommen.

Vielleicht ist es, weil manche einfach keine anderen Mittel haben als aufgeregt zu reagieren. Das muss ich respektieren. Aber mit ihnen nur noch im DFB-Pokal spielen, nicht aber jede Woche.

Vielleicht sind vollständige Sätze auch arrogant. Aber wir sind hier nicht bei tripper oder dem SMS-Dienst, das muss man einfach mal feststellen.

Vielleicht hat man ja Meinungsfaschismus in seinem blog auch zum Credo und der Standardeinstellung bei blogspot erhoben, und nur mir hat es wieder niemand gesagt.

Vielleicht ist es auch eine Mischung davon. Oder ich bin der Geisterfahrer und das gehört alles so.

Aber das ist nicht mehr mein Problem. Und statt mich darauf einzurichten bei ernsten Themen auf Ernie-und-Bert-Ebene zu argumentieren wechsele ich einfach den Sandkasten. Was anstrengend ist, denn dazu brauche ich nun wohl doch irgendeine eigene blogroll, denn meine bisherigen Blogrollieferanten werden momentan in furchtbarem Tempo zu no-go-areas, die ich nur schreiend verlassen kann.

Ende der Durchsage.

Und hey, das hier ist nicht Nikolaus oder die Bundesjugendspiele, wo auch der Letzte einen Preis bekommt.

Die Schuhe stehen also nicht für alle da, sondern sie sind genau abgezählt, und allesamt mit Namensschildern versehen. Dein Name ist nicht dabei ? Kein Schuh für Dich 😉

 

 

 

 

 


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Nu geht DAS wieder los …

Pünktlich zum Scheisswetter habe ich … was ? Wer hat hier ‚Urlaub‘ gesagt ‚ ?

Nein, nach dem epochalen Erfolg meines letzten Buchs mit dem Titel „Mischgemüse in den Zeiten der elektrischen Dosenöffner“ hat mein Verleger mich nun gezwungen, zeitgleich zur 28ten Auflage auf eine Leserreise zu gehen. Und daher bin ich in den letzten Tourneevorbereitungen gefangen. In einer Woche werde ich nachempfinden können wie sich Asiaten nach „Deutschland in 7 Tagen“ fühlen. Gut, das wollte ich zwar nie wissen aber man darf da ja auch nicht allzu engstirnig sein.

Sollte mich jemand suchen, Sie finden mich im Buchladen Ihres Vertrauens. Ich bin der Typ der vor einer handvoll Martinas auf Klappstühlen vor dem Esoterikregal Kostproben seines Schaffens vorliest, während irgendjemand selbstgebackene klodeckelgrosse Dinkelkekse herumreicht, in denen sicher leider wieder neben viel zuwenig Zucker auch noch viel zuwenig Hasch drin ist sodass ich gezwungen sein werde, das alles mehr oder weniger ohne Drogen durchzustehen. Was ich persönlich sehr bedauerlich finde.

Ich bitte sämtliche Anwesenden während meiner Abwesenheit die lokalen Supermärkte zu beobachten ob sich dort vor dem Dosenregal noch dramatischere Szenen abspielen als üblich.

Die Roadys von UPS haben bereits die Trucks mit meinem Equipment und den selbstsignierten Sondereditionen, den DVDs, den T-Shirts und dem restlichen Merchandisemüll verladen und auf die Reise geschickt. Bleibt mir nur noch den Tourbus zu besteigen, die Lapdancestange für die Cheerleader zu montieren, und ihnen zu folgen.

Ich bin dann mal auf der Autobahn.

 

 

 


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Take me to (and through) the Night

Da sitzt Du also, nachts gegen 11, und Dir fällt ein Song ein. Geschätzt 25 Jahre alt, instrumental, Akustikgitarre (a.k.a Brennbare), leichte Melodie aus dem lala-Genre, eher nicht aus dem englischsprachigen Bereich.

Und Du kommst auf die glorreiche Idee ‚ja, den such‘ ich jetzt mal schnell, bevor mir die Melodie wieder aus dem Kopf geht‘.

Was Du noch halbwegs meinst zusammen zu kriegen ist, dass er entweder im Radio oder Fernsehen irgendwie als Abspann oder Lückenfüller bis zu den Nachrichten lief. Manchmal hast Du ihn auch im Hintergrund von irgendwas gehört, natürlich ohne Angaben. Und so alle paar Jahre denkst Du Dir ‚verdammt, ich weiß immer noch nicht von wem das ist oder wie es heißt‘.

Kein Interpret, kein Titel, nada. Brillianter Plan.

Du zückst Dein allwissendes smartphone und denkst Dir ‚hey, da gibt doch es eine App, die erkennt Musikstücke‘. Und auch diese Idee findest Du grenzgenial … zumindest bis Dir einfällt das Du erstens keine Brennbare im Haus hast, und Du zweitens Stunden brauchen würdest, bis Du die ersten paar Akkorde mit den eingerosteten Griffeln halbwegs erkennbar aus ihr rauszaubern könntest sobald Du Dich erinnert hättest, wie rum Du das Monstrum immer gehalten hast. Vorsingen gestaltet sich mangels Text auch schwierig und die Chance einer korrekten Erkennung würde jegliche Chance auf einen Lottogewinn in den nächsten drei bis vier Leben zerstören.

Gut, dann eben doch brute force, her mit der allwissenden Müllhalde.

Begriffe wie „Akustik“, „Gitarre“, „instrumental“ – mehr hast Du ja kaum – liefern nur knapp 32.000.000 Treffer, die sind ja schnell abgecheckt. „Radio“ oder „TV“ drangeklatscht dampfen es sogar auf weniger als drei Millionen Treffer ein. Eineinhalb Stunden später läufst Du allerdings Gefahr, die Melodie wieder für ein paar Jahre zu vergessen denn Du hast mittlerweile so viele auch schöne, aber total andere Gitarrensoli gehört, dass sich in Deinem Hirn ein Tonbrei über vier Oktaven formt. Nur noch widerwillig nimmst Du den 138ten link in Angriff, wo vor Jahren genau so ein Gestörter wie Du irgendwo eine genau so detaillierte Frage gestellt hat und man ihm von Abba bis Zappa mehr oder weniger alles als ‚das ist es ganz sicher!‘ empfahl.

Und irgendwo liest Du was von „Klaus Waldschrat“ und Du denkst Dir ’na ok, is auch schon wurscht, zwei ist eh durch, und Schlaf wird überschätzt‘.

Und landest beim Waldschrat. Der natürlich nicht Waldschrat sondern Weiland heißt, aber mittlerweile immerhin so ausschaut wie ein Waldschrat.

… und hast wiederum eins Deiner ganz persönlichen Mysterien gelöst. 9.999 to go (also außer allem was mit Frauen zu tun hat natürlich, dafür reichen drei bis vier Leben nicht 🙂


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Zwei Wochen Zweifel leicht gemacht

Stell Dir vor, Du fährst zu Renate, der Friseuse die seit 20 Jahren Deine Haare schneidet. Und wie Du so fährst denkst Du Dir „Hmm, ist bestimmt vier Wochen her dass ich hier das letzte mal war.“

Dann steigst Du aus und … das Haus ist weg. Weg. Kompletto. Nicht mal ein Schutthaufen.

Blitzartig stellen sich Dir folgende Fragen:

  • Auf den zwei Kilometern bis da hin ganz schlimm verfahren ?
  • War der dritte Federweisse gestern abend schlecht ?
  • Ist es nur ein Fehler in der Matrix ?
  • Der doc hat doch letztens das eine Medikament gegen ein anderes getauscht, hättest Du den Beipackzettel evtl. doch mal überfliegen sollen ?

Weil Du keine spontan plausible Antwort findest gehst Du in die Bäckerei drei Häuser weiter und fragst sehr vorsichtig – Du bist Dir ja nicht sicher dass Du nicht spinnst – nach dem Verbleib des Hauses.

Die überraschte Antwort der Bäckereifachverkäuferin „Ach, das ist weg ?“ bringt Dich zwar nicht sehr viel weiter, schließt jedoch zumindest drogeninduzierte Hallus aus. Da war also definitiv ein Haus gewesen, und Du spinnst nicht. Dafür stellt sich Dir nun plötzlich die neue Frage wieso Renate Dir das nicht gesagt hat. Die Wenigsten beschliessen Montags schließlich „yupp, Scheissbude, die schieben wir mit dem Caterpillar mal morgen früh zusammen und bauen irgendwann eine neue.“ Sondern wissen das drei, vier Tage vorher auch schon halbwegs sicher und könnten es Dir sagen.

Verwirrt fährst Du heim und schreibst ein weiteres Kapitel im Buch der Dinge die Du nicht verstehst.

Eine Woche später fährst Du zu Deiner Lieblingsfrau, der Steuertante. Und während man so über Gott und die Welt redet und Du nebenbei Unterschriften dutzendweise leistet (wer weiß, wieviele Waschmaschinen ich nun wieder gekauft habe) kommt das Gespräch auf einen spektakulären Brand vor zwei Wochen am Stadtrand. Völlig befreit von jeder Kenntnis der lokalen Vorfälle in Deiner Stadt hörst Du desinteressiert mit einem halben Ohr hin bis das Wort „Friseur“ fällt.

Und plötzlich fallen alle Puzzleteile wie durch ein Wunder zusammen. Und ein neues Puzzle entsteht.

Pizzeria – Schreibwarenladen – Friseur – fünf Meter freie Fläche – Metzger – Bäckerei.

Wo fängt es an zu brennen ? In der Metzgerei, ist doch völlig klar.

Wird die Wand an Wand liegende Bäckerei samt Cafe mit Holzvertäfelung abfackeln ? Natürlich nicht.

Wird der im nächsten Haus gelegene Friseur abfackeln ? Na selbstredend.

Wird der Schreibwarenladen daneben abfackeln ? Wenigstens das ist logisch.

Wird bei der Pizzeria direkt neben dem Schreibwarenladen, in dem rund drei kleingeschnittene Regenwälder lagern, auch nur eine Scheibe verrust ? Ach wieso das denn.

 

Und Dir fällt mit einem Mal auf, dass Du diese Welt nur in Ansätzen begreifst.