… wenigen Schritten.
Akt 1: Der capt’n brauchte nach mehr als 50 Jahren nun endlich ein Fahrrad auf der Nase weil … ja weil er das Gefühl hatte, das wäre für den Rest der Teilnehmer am Strassenverkehr evtl. gesünder wenn er nicht eine Minute lang intensiv auf das Navi schauen musste um irgendwas zu erkennen.
Akt 2: Der Augenklempner schaute ihm mehrfach tief in die Augen, machte bedeutungsschwer „aha“ und „Hmm“ und schickte ihn zum Optiker.
Akt 3: Der Optiker hatte grade einen Rentnerzoo im Laden, also probierte der capt’n sämtliche verfügbaren Gestelle an … darunter evtl. auch einige die gar nicht für ihn gedacht waren denn mit dem Unterscheiden von männlichen und weiblichen Gestellen hat er es prinzipiell nicht so … es sei denn ein Gestell ist auf den ersten Blick selbst für ihn als Modell „Audrey Hepburn“ zu erkennen.
Akt 3.1: Das Gestell war gefunden, der Rentnerzoo war draussen aus dem Laden, der Optiker (mit einem bemerkenswerten Maß an Geduld ausgestattet wie der capt’n später feststellte) erklärte ihm, eine Gleitsichtbrille als erste Brille wenn man außer Sonnenbrillen noch nie im Leben eine Brille getragen hätte wäre ziemlich scheiße. Gut er drückte es natürlich vornehmer aus, aber das war es was unter dem Strich raus kam.
Akt 4: Der capt’n orderte einen Satz Gläser mit ohne Gleitsicht, zum Mitnehmen, bitte pronto. (die Verkehrsteilnehmer, Sie erinnern sich)
Akt 5: Ausgestattet mit der Brille hatte er ein zwiespältiges Gefühl.
Einerseits konnte er in der Geldbörse wieder erkennen was eine Münze war und was nicht, das war schon gut.
Andererseits sah er erstmalig was für ein bemerkenswert hässliches Volk wir doch eigentlich sind, sofern es auf unter einen Meter auf ihn heran kam. War das Volk allerdings weiter weg als einen Meter war es so verschwommen wie immer, was nun wieder auch nicht so schlecht war.
Akt 6: Ein gutes Jahr lang kämpfte er mit der Brille. Zum Arbeiten genial !
Nur, fauler Hund der er ist hat er sie morgens aufgesetzt und abends wieder abgesetzt. Und als er sich zum achtundzwanzigsten Mal die Schulter oder das Knie am Küchenschrank angehauen hatte, wurde er etwas mürrisch. Ungefähr nach dem neunundsiebzigsten Mal schlug die mürrische Grundeinstellung um in etwas das rechtschaffener Wut nahe kam.
Und schon, nach dem einhundertdreiundzwanzigstenmal intensivsten Kontakts mit der Ecke des beschissenen Küchenschranks humpelte er erneut rüber zu besagtem Optiker. „Das ist Scheiße, ich glaub ich doch will ne Gleitsichtbrille“ meinte er.
Akt 7: Oh mein Gott, er lernte über Brillen mehr als er jemals hatte wissen wollen.
So schrecklich viel mehr … er ist nicht sicher ob der Optiker ihn mit der ganzen Vorlesung schonend drauf vorbereiten wollte daß zwei kleine Gläser gefühlt fast so viel kosten würden wie ein Kleinwagen, oder ob er das alles unbedingt hätte wissen müssen. Sei’s drum.
Ein ganz klein stutzig wurde er als er hörte „und wenn sie nicht passen kommen Sie wieder und wir tauschen sie aus, solange bis es passt“. Er wurde allerdings nicht stutzig genug – naiv wie er ist hatte er gedacht, eine Vorlesung und das ganze Brimborium wären dazu gut anschließend zu wissen was da für Gläser rein gehören.
Das Konzept „schau mer mal dann seh’n mer scho“ war ihm jedenfalls in der Tragweite nicht vollständig klar. Allerdings reichte sein Geistesblitz zumindest soweit den erneut stattfindenden Besuch des Rentnerzoos dazu zu nutzen, sich ein weiteres Gestell auszusuchen, denn die Gläser die er hatte wollte er um keinen Preis wieder hergeben weil er damit super arbeiten konnte … auch wenn er den Küchenschrank schon lange nicht mehr leiden konnte. Leider gab es sein Gestell nicht mehr, er musste sich also ein ähnliches für die alten Gläser aussuchen.
Akt 8: Die neuen Gläser waren da.
Das erste Aufsetzen geriet zum einem leichten Desaster denn, auch an sich kompetent wirkende Optiker sind scheinbar nicht komplett gefeit gegen immense Blödheit.
Jedenfalls war der sein erster Eindruck „hey, cool, das wie ist ja wie auf nem LSD trip !“
Nachdem sein Gestell (alte Gläser raus, neue Gläser rein) nicht sonderlich hoch ist, hatten sie scheinbar beschlossen „na gut, mach mer halt den unteren Teil ab“. Prinzipiell eine nicht völlig falsche Entscheidung … abgesehen davon, dass seine brandneue Brille nun am unteren Rand einen in der Nähe scharfen Bereich von gefühlt 5 Millimetern Höhe hatte und er sich von der ersten Sekunde an so vorkam als würde er wieder Panzer fahren und nur durch ein winziges Luk nach draussen gucken.
„Ja, das geht vielen Leuten so, geben sie der Brille mal ein paar Tage“. Na gut dachte sich der capt’n, er gab dem Ding sogar fast zwei Wochen.
Er rührte vor den Screens mit dem Kopf herum wie jemand mit nervösen Zuckungen, ging abwechselnd näher dran (was zu noch mehr Kopfwackeln führte) und wieder weiter weg in dem Versuch, irgendwann den Mist auf den Screens wieder erkennen zu können (im Gegensatz zu erahnen).
Der Küchenschrank immerhin ging ihm nun aus dem Weg, was sich immerhin positiv auf seine Humpelei auswirkte.
Nach den fast zwei Wochen stand er jedoch wieder beim Optiker … der Renterzoo begrüsste ihn schon wie einen guten alten Bekannten.
Akt 9: Baut die Mistdinger wieder raus, macht brauchbare rein.
„Nix Panzer fahren, ich will mit dem Ding was sehen ohne schon mittags wie der Klöckner von Notre Dame mit total verspanntem Hals rum zu laufen, comprende ?“
„Nein nein, nix Vorlesung, die hatte ich schon, justiert sie diesmal einfach richtig, ok ?“
Akt 10: Neue Gläser braucht das Land.
Die obligatorische Woche die es scheinbar dauert um in der Fabrik (in der selben Stadt) Gläser machen und her liefern zu lassen später wackelte der capt’n wieder mal zum Optiker. Nach allgemeiner Begrüssung wurde er beinahe vom natürlich anwesenden Zoo adoptiert.
Die neuen Gläser zu probieren führte dazu, dass er plötzlich den Mist auf den Screens, dem Mäuseklavier oder dem Tablet ohne Verrenkungen, ohne das Durchprobieren mehrerer Balletpositionen und ohne ein Stahlkorsett im Nacken zu erkennen glaubte. Abgesehen von der verflixten Winkelabhängigkeit … so aus dem Augenwinkel etwas erkennen zu wollen ist nicht, auch wenn er keineswegs billige Gläser genommen hatte sondern sozusagen den Lambo unter den Brillengläsern. Er hatte in der Vorlesung ja aufgepasst und wusste dies sei ein systemisches Problem bei Gleitsicht. Aber immerhin war das Problem des Panzer-Luks behoben.
Akt 11: Tja.
Vier Wochen später hat er ein ganz anderes Problem. Er hat nun zwei Brillen.
Eine Brille mit den alten Gläsern aber in einem identisch aussehenden jedoch erstaunlich unbequemen Gestell, mit der er am PC aber prima arbeiten kann … die er aber absetzen sollte bevor er dem Küchenschrank guten Tag sagen und gar das Raumschiff im Strassenverkehr bewegen möchte.
Und eine Brille mit neuen Gläsern die teuer, gut, und alles sind in seinem früheren Gestell, das sitzt wie angegossen und die so federleicht ist dass er sie fast nicht bemerkt … die zwar den Rest der Verkehrsteilnehmer nicht in akute Lebensgefahr bringt, mit der er aber nach wie vor nicht richtig warm geworden ist.
Ach ja, und die neue Sonnebrille hat er ja auch noch. Seine Mittelkonsole – bisher bestückt mit meist leeren Kaffeebechern oder auch meistens leeren 0.5er Cookes – ist mittlerweile zur Aussenstelle des örtlichen Optikers mutiert. Sein Beifahrersitz wird ob des ganzen Gerümpels irgendwann maulen „hey, schnall deinen Beifahrer an!“ .. zumindest bis er abrupt bremsen muss und der ganze Mist wieder im Fussraum landet, wo er ihn in halsbrecherischer Aktion bei knapp 200 wieder hervorangeln darf.
Mal so nebenbei gefragt Ihr Kerle: Sagt mal wie macht Ihr denn das ? So ein weiteres Brillenetui ist ja nun nicht wirklich arschbackenkompatibel, denn es ja nun deutlich dicker als die rechtsseitige Geldbörse, und so eine schiefe Silhouette, das kann kein schönes Bild sein, Brille hin oder her. Zusammen mit dem neuen Huawei-Backstein, dem Schlüsselbund, dem Brillenetui und dem ganzen anderen Scheiß den ich so täglich mit mir rum schleppe … wo zum Teufel lasst Ihr den ganzen Mist ? Ich kann doch nicht das ganze Jahr Mäntel tragen nur um das ganze Graffl irgendwie zu verstauen ! Help !